Beschlagnahme
Die Beschlagnahme bzw. Arrestpfändung ist die Zwangsvollstreckungsmaßnahme, mit der bewegliche Vermögensgegenstände gepfändet werden, die sich nicht im Besitz des Schuldners selbst befinden, entweder zur Sicherung einer geltend gemachten oder begründeten Verbindlichkeit oder zur Vollstreckung eines gerichtlichen Urteils (decree), mit dem das Bestehen einer Verbindlichkeit festgestellt wird.[1] Der angesehene Autor zum Zwangsvollstreckungsrecht J. Graham Stewart schreibt 1898, dass wir die Beschlagnahme, wie wir sie heute haben, aus Frankreich entliehen haben. Das schottische Recht übernahm damit den Grundsatz des römischen Rechts, dass der aufmerksame Gläubiger, der als erster die Beschlagnahme vornimmt, auch wenn sein Urteil oder seine Entscheidung nicht zuerst gefällt wurde, den Vorrang hat.[2] Diese Zwangsvollstreckungsmaßnahme wird gegen alle Kategorien von Schuldnern beweglicher Vermögensgegenstände - körperlicher wie unkörperlicher - genutzt, die sich in den Händen eines Dritten befinden, mit Ausnahme des Einkommens in den Händen des Arbeitgebers des Schuldners, für das die besonderen Verfahren zur Pfändung von Lohn- und Gehaltsforderungen (earnings arrestment) und die Forderungspfändung wegen laufender Unterhaltsforderungen Anwendung finden.[3]
Die Beschlagnahme könnte daher in unsere Erörterung über die Pfändung von körperlichem beweglichem Vermögen einbezogen werden. (Beispielsweise ist es ein alter schottischer Brauch, Schiffe durch eine in die Sache (in rem) durchgeführte Beschlagnahme zu pfänden) Jedoch liegt der bei weitem größte praktische Nutzen der Beschlagnahme für einen Gläubiger darin, sie in das unkörperliche bewegliche Vermögen des Schuldners zu führen, nämlich in dessen Forderungen gegen Dritte. Dafür sind drei verschiedene Parteien erforderlich: der Pfändungs- oder Arrestgläubiger (arrester), der Drittschuldner (arrestee, der Dritte, der Schuldner des Schuldners des Vollstreckungsgläubigers ist) und der Pfändungs- oder Arrestschuldner (common debtor). Die Vollstreckungsgegenstände können ihrer Art nach als wahrhaft unkörperlich betrachtet werden, wenn man erkennt, dass es sich letztlich um die Verpflichtung des Drittschuldners handelt, an den Schuldner gewisse Vermögenswerte zu leisten.
Als allgemeine Regel ist es für die Wirksamkeit einer Beschlagnahme notwendig, dass die Person, gegen die bzw. in deren Hände sie gerichtet wird, sich tatsächlich im Besitz von Geldmitteln oder Gütern befindet, auf die der Pfändungs- oder Arrestschuldner Anspruch hat. Allerdings kann der Anspruch des Schuldners auf Leistung gegen einen Dritten in den Händen der Partei beschlagnahmt werden, die die Leistungspflicht zu erfüllen hat, auch wenn die letztgenannte Partei zum Zeitpunkt der Beschlagnahme keinerlei Geldmittel oder Güter in ihrem Besitz hat.[4]
Arrestanordnung in den Streitgegenstand
Als vorläufige Maßnahme mit Schutzcharakter verwendet, wird diese Vollstreckungsmaßnahme als Arrestanordnung in den Streitgegenstand einer Klage bezeichnet. Kurioserweise war dies die früheste Form der Zwangsvollstreckung: Sie wurde ursprünglich bei jeder Klage als erster Schritt eingesetzt, um das Erscheinen des Beklagten vor Gericht zu erzwingen und rechtzeitig sicherzustellen, dass er der Entscheidung Folge leisten wird.[5] Hierzu sei das Zitat aus Lord Kames Abhandlung über die "Geschichte des Verfahrens in Abwesenheit" (1758) angemerkt, das zeigt, wie grundlegend wichtig die rechtsförmliche Beschlagnahme beweglichen Vermögens in ferner Vergangenheit für alle zivilrechtlichen Streitverfahren war:
In Schottland hatten wir, noch weitergehend als gegenwärtig in England, ursprünglich nicht einmal versucht, Zivilsachen in Abwesenheit zu verhandeln [d. h. bei Nichterscheinen des Beklagten vor Gericht]. Der Druck, um den Beklagten zum Erscheinen zu zwingen, wurde durch die Beschlagnahme seines beweglichen Vermögens ausgeübt, dessen Besitz ihm gegen die Stellung einer Kaution zur Sicherung seiner Anwesenheit vor Gericht zurückgewährt wurde. Falls der Beklagte sich nicht fügte und keine Kaution anbot, wurden die beschlagnahmten Güter dem Kläger ausgehändigt, der in ihrem Besitz blieb, bis der Eigentümer gewillt war, sich einer Gerichtsverhandlung zu unterwerfen.[6]
Gegenwärtig kann ein Arrestbeschluss zur Vornahme von Vollstreckungsmaßnahmen in den Streitgegenstand eines anhängigen Verfahrens (dependence) erlassen werden, wenn die Klage einen Antrag auf Zahlung einer Geldsumme enthält, bei der es sich nicht lediglich um die Forderung von Kosten und Auslagen handelt. Er kann vom Obersten Schottischen Gericht in Zivilsachen (Court of Session) und von allen Amtsgerichten (Sheriff Courts) in Klageverfahren über jegliche Streitwerte erlassen werden.
Für den Erlass des Vollstreckungsbeschlusses muss ein besonderer Antrag an das Gericht gestellt werden. Er kann ohne vorherige Benachrichtigung des Schuldners gewährt und vollstreckt werden, wenn (a) das Gläubigervorbringen schlüssig und glaubhaft gemacht ist (prima facie case), (b) wenn ein tatsächliches und erhebliches Risiko besteht, dass die Zwangsvollstreckung aus einem zugunsten des Gläubigers im Klageverfahren ergehenden Urteils dadurch vereitelt oder beeinträchtigt wird, dass (i) der Schuldner zahlungsunfähig ist oder am Rande der Zahlungsunfähigkeit steht oder (ii) die Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Schuldner sein gesamtes Vermögen oder Teile seines Vermögens beseitigt, veräußert, belastet, verbirgt oder auf andere Weise darüber verfügt. Der Gläubiger trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sein Vorbringen dem Gericht zum Erlass des beantragten Vollstreckungsbeschlusses ausreicht. Wenn das Gericht den Vollstreckungsbeschluss ohne vorherige mündliche Verhandlung über den Antrag erlässt, ist anschließend eine mündliche Verhandlung über die Aufhebung (recall) oder Beschränkung (restriction) der Arrestanordnung (arrestment) in den Streitgegenstand (dependence) abzuhalten; dem Gläubiger wird aufgegeben, den Verhandlungstermin dem Schuldner und jeglichen anderen Personen, die ein Interesse an der Anwesenheit im gerichtlichen Verhandlungstermin haben, mitzuteilen.[7]
Die Urkunde zur Vollziehung der Arrestanordnung besteht in einem vorgeschriebenen Formular. Sie muss von einem Gerichtsvollzieher zugestellt werden: entweder von einem Messenger-at-arms, wenn der Vollstreckungsbeschluss vom Obersten Schottischen Gericht in Zivilsachen (Court of Session) stammt, oder von einem Sheriff Officer bei einer vor dem Amtsgericht (Sheriff Court) geführten Klage. Nahezu unveränderlich[8] wird die Urkunde zur Vollziehung der Arrestanordnung vom Gerichtsvollzieher in Gegenwart eines Zeugen an die Anschrift des Dritten zugestellt, der die Position des Drittschuldners einnimmt.
Das Formular beschreibt den Vollstreckungsbeschluss und enthält präzise Anweisungen an den Drittschuldner. Es gibt den Gesamtbetrag an, wegen dem die Beschlagnahme in den über den geschützten Mindestbetrag hinausgehenden Teil vollzogen wird. Dieser geschützte Betrag ist gegenwärtig auf GBP 415 festgesetzt; er findet Anwendung, wenn durch die Beschlagnahme Gelder auf einem Konto des Schuldners bei "einer Bank oder einem anderen Finanzinstitut" gepfändet werden, wenn es sich bei dem Schuldner um eine natürliche Person handelt - er gilt jedoch nicht, wenn das Konto vom Schuldner als ein Handelskonto geführt wird. Alles, was über den Betrag von GBP 415 hinausgeht, ist beschlagnahmt gemäß der Formulierung: "wird in ihren Händen beschlagnahmt: (i) der Betrag von (Betrag), der den geschützten Mindestbetrag überschreitet, sofern dieser anwendbar ist, und der mehr oder weniger zur Zahlung von Ihnen an den (Name des Schuldners) oder an eine andere Person auf seine [oder ihre] Rechnung zahlbar ist; und (ii) alle in ihren Händen befindlichen beweglichen, dem bezeichneten (Schuldner) gehörenden Sachen, wobei diese unter Geltung der Beschlagnahme in Ihren Händen zu verbleiben haben, bis ihre Herausgabe an den (Gläubiger) angewiesen wird oder eine weitere Anordnung des Gerichts ergeht."
Die folgende Anmerkung verschafft einer wichtigen aktuellen Reform des Verfahrens Wirkung und erlegt dem Drittschuldner eine größere Verantwortung auf: "Sie sind ebenfalls verpflichtet, innerhalb eines Zeitraums von 3 Wochen, der mit dem Tag der Zustellung der Arrestanordnung beginnt, dem Gläubiger Auskunft über die Art und Höhe der beschlagnahmten Geldmittel und/oder beweglichen Vermögensgegenstände zu geben. Diese Auskunft muss in der Form erteilt werden, wie sie dargestellt ist in .... Die Nichterfüllung der Auskunftspflicht kann zu einer Geldstrafe gemäß Abschnitt 73G des Schottischen Gesetzes zur Sicherung von Geldforderungen von 1987 (Debtors (Scotland) Act 1987) führen und ebenfalls als eine Missachtung des Gerichts behandelt werden."
Der Gläubiger hat Anspruch auf Ersatz der Auslagen, die ihm für die Erwirkung des Arrestbeschlusses und für die Vollstreckung der Beschlagnahme anfallen, es sei denn, das Gericht ist davon überzeugt, dass der Gläubiger bei Beantragung des Arrests unangemessen handelte.
Beschlagnahme in der Zwangsvollstreckung
Auffangpfändung (residual attachment)
[9] Das Gesetz ist bislang noch nicht in Kraft getreten. Jedoch verdient die Regelung in dieser Erörterung des schottischen Systems zur Pfändung von unkörperlichen beweglichen Vermögensgegenständen besondere Erwähnung; denn dieses Gesetz würde, sobald es in Kraft getreten ist, ein Verfahren für die Pfändung und Verwertung beispielsweise von Rechten am geistigen Eigentum, wie Urheberrechten und Patenten, anbieten.
[1]. J. Graham Stewart, A Treatise on the Law of Diligence (Edinburgh, 1898), S. 13.
[2]. A.a.O., S. 14.
[3]. Die Vollstreckungsmaßnahme der Pfändung von Lohn- und Gehaltsforderungen (earnings arrestment) wurde durch den Debtors (Scotland) Act 1987 Teil III eingeführt.
[4]. Graham Stewart, S. 71.
[5]. A.a.O., S. 13.
[6]. [Henry Home, Lord Kames] Historical Law-Tracts, 2. A. (Edinburgh, 1761), S. 301.
[7]. Siehe Debtors (Scotland) Act 1987, 15A-N, in der durch den Bankruptcy and Diligence etc. geänderten Fassung (Scotland) Act 2007.
[8]. Der Execution of Diligence (Scotland) Act 1926 erlaubt in einigen wenigen Fällen die Zustellung der Arrestanordnung durch eingeschriebenen Brief.
[9]. Bankruptcy and Diligence etc. (Scotland) Act 2007, 129.